oder: „Die süßeste Versuchung, seit es Gremlins gibt“
Wer hätte gedacht, dass ein so kleiner und im Alter so unauffälliger Hund eine so große Lücke hinterlassen könnte… und doch war es so: Violetta fehlte an jeder Ecke und an jedem Ende. Wenn ich meinen Blick durch die Wohnung schweifen ließ, wanderte er von Demona zu Vega… und mir wurde das Herz jedesmal so unsagbar schwer, weil er nicht mehr an Vio hängen blieb. Ich wusste, dass nichts und niemand die kleine Kläffmurmel ersetzen konnte, doch ich sehnte mich danach, das Rudel wieder zu komplettieren… mit irgendeinem kleinen unkomplizierten Hundchen, das nicht allzu viel Arbeit machen würde.
Insgeheim liebäugelte ich mit einem French Bulldog oder einem Boston Terrier, schon um meinem Faible für molossoide Hunde treu zu bleiben, doch diese Rassen findet man nicht allzu häufig in Tierheimen und Notvermittlungen, und wenn doch, dann sind sie meist sehr schnell weg. Und dann war da ja noch das nächste Problem: wie den eigenen Mann vom nächsten Dritthund überzeugen?
Mitte 2005 kam mir der Zufall zu Hilfe, als wir beim TA saßen und ein Frenchie-Welpe ins Wartezimmer tapste. Görk war entzückt und ließ so nebenbei fallen, dass er sich so einen Mini als Dritthund vorstellen könnte. Ich wurde hellhörig und begann – getreu nach dem Motto „Schmiede das Eisen, solange es heiß ist“ mit der Suche nach einem solchen Stöpsel. Und da kam mir doch prompt der nächste Zufall zu Hilfe: kurz darauf meldete sich nämlich im Molosserforum eine junge Frau mit einem Unfallwurf Französischer Bulldoggen-Mischlinge. Die Kleinen waren erst zwei Tage alt und sie suchte bereits jetzt nach Liebhabern und Kennern dieser Rasse. Ich zeigte meinem Schatz den Beitrag und versuchte ihn davon zu überzegen, dass einer dieser Mixe der perfekte Hund für uns sei. Nach einer ordentlichen Portion Bohrens und Stocherns durfte ich Julia anmailen und „grobes Interesse“ bekunden. Damit war Görks Schicksal schon besiegelt. 🙂
Nach wenigen Tagen wurden wir uns einig… wir wünschten uns eine Hündin (die mit der längsten Schnute) und bekamen auch gleich eine Zusage.
Nun begann die lange Zeit des Wartens bis zum Abgabetermin, in der wir reichlich mit Fotos und Berichten versorgt wurden, ellenlange Namenslisten erstellten und von Tag zu Tag hibbeliger wurden. Eine Fahrt nach Ostfriesland, wo die Welpen ihre ersten Lebenswochen verbrachten, machte es nicht besser. So konnte ich zwar nicht nur unsere Auserwählte sowie ihr Schwesterchen begutachten, welches ebenfalls ins Rheinland ziehen sollte, sondern mir auch die Elterntiere und ihr ganzes Umfeld anschauen, doch die Ungeduld und die Vorfreude steigerten sich geradezu ins Unermessliche. Noch dazu steigerte sich in der letzten Woche das mulmige Gefühl im Bauch, wenn wir an die Zusammenführung mit der welpenaggressiven Vega dachten, so sehr, dass uns regelrecht schlecht wurde.
Am 25.9.2005 war es dann so weit: wir ließen Demona und Vega in der Obhut unseres damaligen Mitbewohners und fuhren gen Norden. Als uns Julia unseren Welpen brachte und Görk die Kleine erstmals live sah, stand sofort ihr Name fest und wir erlebten einen klassischen Fall von Liebe auf den ersten Blick. 🙂 Nicht nur Görks Herz ging augenblicklich auf, sondern die ansonsten Fremden gegenüber sehr scheue und ängstliche Mortisha kuschelte sich sofort an ihn und schmuste, was das Zeug hielt!
Stunden später kam dann der so wichtige und so gefürchtete Moment der Rudelzusammenführung: unter Einhaltung aller Sicherheitsmaßnahmen betrat ich mit Mortisha auf dem Arm das Haus und gestattete Vega kurz darauf, sich uns langsam zu nähern. Die erwachsene Hündin stand unter Hochspannung, jeder Muskelstrang in ihrem Körper war knüppelhart… doch sie blieb ruhig, knurrte nicht, fletschte nicht die Zähne, sondern schnupperte nur intensiv an Mortishas Popöchen. Alles andere um sie rum war unwichtig, nicht einmal auf die ultimativen Lachsleckerchen reagierte sie. Trotzdem stimmte die erste Kontaktaufnahme zuversichtlich und als Vega sich langsam entspannte, ging es in den Garten, wo wir alle mal tief durchatmen und uns etwas freier bewegen konnten. Dort geschah nach knapp 30 Minuten ein kleines Wunder: Vega ging vor dem erschrockenen kleinen Wurm in die Spielaufforderung! Damit war das Eis gebrochen. Mortisha gehörte nun zum Rudel und Vega entpuppte sich bereits in den folgenden Tagen als fast perfekte (weil viel zu tolerante und geduldige) Ziehmutter.
Demona, die Welpen an sich immer wahnsinnig nett und lustig fand, hielt sich zu Beginn eher im Hintergrund. Sie nahm den Stöpsel zwar freundlich und wie selbstverständlich im „Rudel“ auf, konnte jedoch offensichtlich wegen des immensen Größenunterschieds wenig mit Mortisha anfangen. Selbst als Tisha schon ordentlich gewachsen war und das Döggelchen sich auf kleinere Spiele mit ihr einließ, war sie dabei extrem bemüht, die Kleine immer im Blick zu haben und sie bloß nicht versehentlich über den Haufen zu rennen.
Nie zuvor hatten wir ein so niedliches kleines Ding wie Mortisha gesehen und so wundert es nicht, dass sie sehr schnell raus hatte, welche Knöpfe sie bei uns drücken musste, um uns um ihre tapsigen Pfoten zu wickeln. Daran hat sich – um die Wahrheit zu sagen – bis heute wenig geändert: ein Blick aus ihren Kulleraugen, das Köpfchen etwas schief gelegt, dazu noch eine ausdrucksstarke Ohrmimik und sanfte Schnufelgeräusche, während sie sich wie hilfesuchend an einen schmiegt…und niemand kann ihr böse sein. Dabei ist sie ein kleines Teufelchen, das nichts als Unfug im Kopf hat, extrem stur und noch dazu furchtbar clever. Schnell wurden Parallelen zu dem Film „Gremlins“ offensichtlich: das Aussehen erinnert zwar an den kuscheligen sanften Gizmo, doch das Verhalten lässt vermuten, dass ihn jemand doch nach Mitternacht gefüttert hat und er deshalb zu einem kleinen Monster mutiert ist. Offenbar liegt das in der Familie, denn alle leidgeplagten Familien dieses chaotischen Wurfes berichten Ähnliches. Da tat und tut es immer noch gut, sich vor allem regelmäßig mit Antje auszutauschen, der Besitzerin von Tishas Schwester Paula. Da die beiden Mädchen sich äußerst ähnlich sind und leicht zeitversetzt dieselben seltsamen Phasen durchlaufen, schweißte uns Frauen das geteilte Leid bald eng zusammen. Doch obwohl wir uns oft genug die Haare raufen und übereinstimmend zu dem Schluss gekommen sind, nie zuvor derart anstrengende Hunde gehabt zu haben, schütten wir uns doch immer wieder aus vor Lachen und wissen ganz genau, dass wir unsere beiden Terrorbrösel für nichts und niemanden auf dieser Welt eintauschen würden!
So neugierig, keck und vorwitzig die kleine Mortadella im vertrauten Umfeld auch ist, so ängstlich bis panisch reagierte sie aber anfangs auf alles Neue, vor allem auf fremde Menschen. Sobald sich ihr jemand nähern wollte, klemmte sie Ohren und Rute ein, machte sich so klein wie möglich und versuchte zu fliehen. Gelang ihr dies nicht, schrie sie wie am Spieß und schnappte. Hier war also ein sofortiges und intensives Gewöhnungstraining vonnöten: Tisha sollte lernen, dass ihr von Menschen nichts Böses droht und dass sie von ihnen Leckerchen, Streicheleinheiten und Aufmerksamkeit bekommt. Da kam mir – einen Monat nach Mortys Einzug – ein alljährlich stattfindendes Treffen von Hundeleuten in Hessen, das sogenannte „Wuffstock„, gerade recht… ein kleiner Kreis meist sehr erfahrener Hund’ler, die sich strikt an meine Anweisungen halten würden, und wo Mortisha sich in absolut gefahrloser Umgebung frei bewegen und den Kontakt in ihrem eigenen Tempo suchen konnte. Der Winzling war natürlich der Hit des Treffens (vor allem beim Metallapport) und obwohl es den Leuten in den Fingern kribbelte, sie durchzuknuddeln, bedrängte sie niemand… und so wurde eine hervorragende Basis für Tishas weitere Entwicklung gelegt.
Im darauffolgenden Jahr war übrigens die Überraschung unter den „alten“ Wuffstock-Teilnehmern groß: hätten sie es nicht besser gewusst, hätten sie die Vorwitznase, die sich ihnen nun präsentierte, glatt für einen anderen Hund gehalten!
Mortisha hat sich wirklich prächtig entwickelt. Sie hat sich nämlich nicht nur zu einer größeren, langbeinigeren und gut proportionierten Turbo-Frenchie-Version ohne jegliche Atembeschwerden ausgewachsen, sondern ist sehr viel selbstsicherer geworden, schließt schnell und gerne Kontakt, versucht sich mit ihren Kapriolen immer in den Mittelpunkt zu setzen, hat einen umwerfenden Charme und Temperament für zehn. Sie ist extrem pfiffig, lernbegierig, will gefallen… und dabei trotzdem immer ihren eigenen sturen Willen durchsetzen. Kurz und gut: sie ist und bleibt eine Herausforderung.
Trotz ihrer kessen Art bleibt zwar eine gewisse Grundängstlichkeit Menschen gegenüber, doch mit Artgenossen hat sie prinzipiell keine Probleme. Da sie tagtäglich mit großen Hunden zusammenkommt, lässt sie sich von ihnen auch nicht einschüchtern, sondern sieht und sah in jedem freundlichen und selbstbewussten Hund einen potentiellen Spielgefährten… zumindest wenn „Mama Vega“ nicht in ihrer unmittelbaren Nähe war. Mit einem Bodyguard im Rücken fühlt sich die Kleine nämlich extrem stark und gibt gerne die Krawallschachtel, immer in dem Wissen, dass es niemand wagen darf, sich an ihr zu vergreifen. Dies hat leider dazu geführt, dass die beiden wirklich nur gemeinsam mit Artgenossen frei laufen durften, wenn kaum bis kein Konfliktpotential bestand. Ansonsten durften sie eben nur einzeln abgeleint werden. Kritisch waren demzufolge immer Fremdhundbegegnungen, so dass wir dieses Duo am besten kurzzeitig räumlich voneinander trennten und jede für sich erst mal Kontakt machen durfte. Eine kleine, aber effektive Vorsichtsmaßnahme.

Obwohl Mortisha und Vega wie Pech und Schwefel aneinander kleben und die kleine Kröte zu Demona nie ein derart inniges Verhältnis aufgebaut hatte, weil diese immer die Grande Dame spielte und sie etwas auf Distanz hielt, war auch ihr Verhältnis zueinander stets vertraut und freundlich. Selbst wenn Mortadella der Schalk im Nacken saß und sie kläffend und provozierend um Demi rumhüpfte, wurde diese nie ernsthaft wütend. Ganz im Gegenteil: Demi ging dann spielerisch auf den Winzling los, ließ ihre wohltönende laute Stimme erdonnern… und wedelte dabei freudigst und in Hochgeschwindigkeit. Ein Bild für die Götter!
Als Demona Ende August 2006 bei uns zuhause eingeschläfert werden musste, merkte man mit knapp drei Wochen Verspätung, wie hart auch Mortisha dieser Verlust getroffen hatte: sie begann Dinge zu zerstören, wenn sie alleine bleiben musste… etwas, was sie – von kleineren Welpenunfällen mal abgesehen – vorher nie getan hatte.
Sie war in dieser Zeit extrem fordernd und anstrengend, noch schmusiger als sonst…und das will was heißen, denn das Tishatrinchen ist ein generell sehr anlehnungsbedürftiger Hund, der sich meist auf Görk oder mir zusammenrollt oder sich an Vega kuschelt. Glücklicherweise legte sich diese „Zerstörungswut“ nach einer – wie mir schien – geradezu endlosen Zeit und wir können wieder gefahrlos alles liegen lassen, ohne bei unserer Rückkehr Chaos und Unordnung vorzufinden.
Zu Mortishas seelischer Ausgeglichenheit trug sicher auch der Umstand bei, dass Mitte Oktober ’06 wieder eine altehrwürde Hündin bei uns einzog, und zwar Shila. Vor der hatte sie zwar nicht ganz soviel Respekt wie damals vor Demona, doch langte deren natürliche Souveränität, um sich „im Ernstfall“ durchzusetzen. Normalerweise ignorierte Shila den kleinen Wibbel größtenteils, doch wenn sie mal in Konkurrenz um einen Stock oder ein Spielzeug gerieten, reichte einen heiseres Blaffen von der Alten, damit Mortisha erschrocken zusammenklappte und sich zurückzog. Großartig spielen konnten die beiden mangels Beweglichkeit der Seniorin zwar nicht miteinander, doch sie trabten einträchtig miteinander durch die Gegend, schnüffelten und buddelten gemeinsam…. und außerdem gab Shila ein prächtiges, warmes und kuscheliges Kopfkissen ab!
So hätte das Leben mit unseren drei Mädchen ruhig weitergehen können, doch dieses Glück sollte uns nicht vergönnt sein. Nach Mortishas zweitem Wuffstock im August ’06 lahmte die Kleine nämlich. Es war zwar nichts Dramatisches passiert, doch sie war natürlich zwei Tage lang wie eine wildgewordene Hummel mit einem Riesentrupp Hunde unterwegs, so dass ich anfangs von einer Überanstrengung oder Verrenkung ausging. Doch das Schonen brachte keinen dauerhaften Erfolg. Im Laufe der nächsten Monate kamen und gingen die Lahmheiten in schöner Regelmäßigkeit, so dass sich abermals eine Bänderproblematik herauskristallisierte. Tatsächlich wurde das rechte Knie immer instabiler und unsere TA bedachte uns nur noch mit mitleidigen Blicken: seit wir molossoide Rassen halten, machen uns immer wieder die Kreuzbänder zu schaffen! 🙁
Die Versicherung, dass uns persönlich bestimmt keine Schuld treffe… dass es sich um eine bekannte Rasseproblematik handele… die Hinterläufe zu steil gestellt seien… dass die Bänder den ständigen Zug durch die Kombination von vergleichsweise hohem Gewicht (ohne übergewichtig zu sein!) und starker Belastung aufgrund eines heftigen Temperaments und hoher Bewegungsfreude nicht aushielten… all dies half und hilft uns nicht sonderlich. Mittlerweile kommt es uns vor, als ob wir das Pech geradezu magisch anziehen, als ob wir unseren Hunden Unglück bringen, als ob wir mit einem schlechten Karma ausgestattet sind.
Was auch immer der Grund: wieder einmal galt es, das Problem in den Griff zu bekommen, und zwar idealerweise bevor sich zu starke Arthrosen einstellten. Auf Mortisha trafen dieselben Überlegungen wie bei Vega zu. Eine konventionelle OP-Methode würde mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zum gewünschten Erfolg führen, da sie ein richtiger kleiner Kracher und kaum zu bremsen ist. Eine TPLO schien uns die richtige Wahl, so dass wir in der Frankfurter Klinik einen Termin vereinbarten. Doch der Chirurg wagte sich nicht an den Eingriff heran. Zwar hätte die kleinste Platte gepasst, doch sei Mortisha aufgrund ihrer geringen Größe ein absoluter Grenzfall. Ihm erschien der doch sehr traumatische Eingriff in Anbetracht der noch vergleichsweise leichten Instabilität im Knie als zu riskant und er meinte, dass man in „seiner“ Klinik bei Kleinhunden in der Regel nur eine Kapselraffung durchführe. So zogen wir unverrichteter Dinge von dannen…. mit einem sehr mulmigen Gefühl im Bauch, da wir uns sicher waren, dass der Chirurg es zwar gut meinte und nur das Wohl des Hundes im Sinn hatte, unsere Mortisha jedoch falsch einschätzte. Eine Kapselraffung würde bei ihr nie und nimmer ausreichen!
Da aber irgendetwas passieren musste, erklärte sich unsere behandelnde TA im Februar ’07 zähneknirschend bereit, bei Mortadella eine Faszienimplantation samt Kapselraffung durchzuführen, sah dem Ausgang der OP aber recht skeptisch entgegen. Der Eingriff kam zum richtigen Zeitpunkt (das Kreuzband hing nur noch an einem winzigen Zipfelchen) und so begann wieder einmal die stressige Zeit der Genesung…und der Zwangsruhe für einen jungen und temperamentvollen Hund. Ein schier aussichtsloses Unterfangen.
Wochenlang taten wir unser Bestes, um Mortisha relativ ruhig zu halten… und zumeist gelang uns das auch, denn die Kleine fügte sich erstaunlich gelassen in ihr Schicksal und war sehr artig. Doch obwohl das Knie recht stabil war, blieb eine ausgeprägte Restlahmheit zurück, die wir bei einem derart jungen Hund einfach nicht hinnehmen wollten. Das musste einfach besser werden!
Unsere – sehr enttäuschte und ebenfalls unzufriedene – TA sprach daraufhin nochmals mit ihrem Frankfurter Kollegen und überzeugte ihn davon, die TPLO nun doch vorzunehmen. Anfang August ’07 kam die arme kleine Maus also zum zweiten Mal unter’s Messer und für uns begann abermals die Zeit des Hoffens und Bangens. Glücklicherweise velief auch dieses Mal alles komplikationslos und Mortisha belastete sehr schnell den operierten Hinterlauf. Peu a peu durfte sie immer länger laufen, kam dann wochenlang an die lange Leine und schließlich erhielten wir das offizielle OK zum kontrollierten Freilauf. Unsere Befürchtungen, Mortisha werde die neugewonnene Freiheit ausnutzen und sich nicht mehr um unsere Anweisungen scheren, erfüllten sich erfreulicherweise nicht. Das allmähliche Training an der Schleppleine hatte sich ausgezahlt und der Wirbelwind ließ sich nicht nur per Stimme bremsen, sondern sogar weiterhin aus dem Spiel mit Artgenossen abrufen, sobald es zu wild wurde. Selbst ein Spaziergang im Trupp mit insgesamt 21 Hunden war so problemlos möglich!
Ein halbes Jahr nach der OP wussten wir bereits, dass sich diese heftige Zeit für uns alle gelohnt hatte: Tisha hatte keine Schmerzen mehr und durfte ungebremst durch die Gegend rennen, springen und toben … auch wenn uns dabei so manches Mal der Atem stockte und wir angespannt darauf achteten, ob sich ihr Gangbild wieder verschlechterte. Doch bis auf einen kleinen Ausfallsschritt hier und da und einer minimalen Schonhaltung war von dem Kreuzbandriss nichts mehr zu bemerken. Jetzt blieb nur noch zu hoffen, dass das Kreuzband im linken Hinterlauf auch weiterhin halten würde.
Da wir für unsere körperlich eingeschränkten Mädels gerne eine vernünftige Beschäftigung gehabt hätten, ergriffen wir natürlich sofort die Gelegenheit, als hier im Rhein-Sieg-Kreis von GoSniff im April ’08 ein knapp 3-monatiger Mantrailing-Workshop angeboten wurde. Die Truppe war bunt zusammen gewürfelt: Beagle, Labrador, Airedale…und dann unsere beiden Molosserchen. Trotz ihrer vergleichsweise kurzen Schnuten und ihrer völligen Unerfahrenheit mit Nasenarbeit, hat es aber sowohl bei Vega als auch bei Mortisha recht schnell „geschnaggelt“ und von da an waren beide Hündinnen mit Feuereifer bei der Sache!
Nach jeder Trainingeinheit waren die Hunde immer total groggy, dafür aber auch extremst zufrieden und so blieben alle Teilnehmer dabei. Als „Hobbytrailer Rhein-Sieg“ trafen wir uns nach Abschluss des Workshops jedes Wochenende, um mit unseren Wauzis weiterzuarbeiten. Netterweise betreuten uns unsere Ausbilder noch eine ganze Weile „aus der Ferne“: sie hatten ein Forum eingerichtet, in dem wir die Trainingstreffen organisieren und nachbesprechen konnten, standen uns mit Rat und Tat zur Seite und kamen sogar manchmal mit, um unsere Fortschritte live zu erleben und uns zu sagen, was man noch üben und welche Schwierigkeiten man ins Training einbauen konnte. Schließlich durften wir sogar eine ganze Weile beim des ASB als „assoziierte Trailer“mittrainieren, bis man genug Teams für eine eigene Rettungshundestaffel zusammen hatte, d.h. wir profitierten vom Know-How und der Organisation anderer.
Um beim Trailen weithin sichtbar zu sein, kauften wir uns einfache Reflektorjacken. Aber auch die Hunde wurden professionell ausgestattet und durften sogar die gleichen Kenndecken tragen wie die offiziellen Staffel-Hunde.
Oma Shila war für solche „Scherze“ nicht mehr zu begeistern und blieb derweil lieber friedlich schnarchend zuhause. Sie genoss ihr Leben, gemütliche Spaziergänge und auch mal einen Urlaub am Meer, doch sportlichen Ehrgeiz kannte sie genau so wenig wie wir, was bei ihrem hohen Alter und ihrem angeschlagenen Gesundheitszustand auch nicht verwunderte.
Leider sind Molosser, selbst die Kleinen, generell nicht allzu gesund und haben mit allerlei Wehwehchen zu kämpfen. Tishas Franzosen-Anteil hat ihr und ihren Wurfgeschwistern wohl auch eine gewisse Allergie-Neigung beschert: bereits als Junghündin kaute bzw. lutschte sie teilweise so konzentriert, intensiv (und lautstark) an ihren Pfoten, dass der Speichel geradezu in Bächen an ihnen herabrann, die anschließend wirklich pitschnass und ständig gerötet waren.
In ihrer „heftigsten“ Zeit sind wir bald kirre geworden, weil die Kleine dauernd an ihren Pfoten lutschte und sich am ganzen Körper kratzte. Alles war rot, wund, pockig, verschorft. 🙁
Ein Allergietest im März ’08 ergab, dass Mortisha auf einige Gräser und alle Milbenarten allergisch reagiert. Wir ließen also ein extra für sie zusammengestelltes Serum anfertigen und begannen mit einer Desensibilisierung, die wir glücklicherweise selber nach einem vom Labor strikt vorgegeben Plan durchführen dürfen. Allerdings habe ICH schnell aufgegeben… Vega konnte ich immer problemlos selber spritzen, doch bei Morty wurde mir anders, weil sie eine ziemlich ledrige Haut hat, durch die man mit der Nadel erst mal durchkommen muss. Mir schauderte es jedesmal, diesen Hautwiderstand zu durchbrechen, und ich befürchtete immer, zu fest und zu tief zu stechen. Schließlich konnte sich mein Göttergatte das ständige Jammern nicht mehr mitanhören, überwand sich…. und ist seitdem für das Spritzen zuständig!
Glücklicherweise hat die Desensibilisierung relativ schnell zu einer deutlichen Verbesserung der Symptomatik geführt. Selbst in der Blüh- und Allergiesaison hat Tisha maximal leichte Rötungen, wenn es mal durch Brennesseln & Co. geht, und sie kann auch wieder unbeschwert im Garten liegen, ohne unter den Grasmilben, die wir hier leider haben, zu leiden.
Anfang März ’09 verließ uns Knubbelwackel Shila im fast schon biblischen Alter von ca. 15 Jahren….und damit fehlte urplötzlich der Ruhepol der Familie. Ein Ruhepol, der es trotzdem mit seiner stoischen Gelassenheit und gemächlichen Zielstrebigkeit, die regelmäßig zu einfallsreichen Raubzügen geführt hatten, immer wieder geschafft hatte, uns zum Lachen zu bringen.
Und als ob Shila ihre grauen Pfötchen dabei im Spiel gehabt hätte, uns einen würdigen Nachfolger zu schicken, zog wenige Wochen nach ihrem Tod der Cane Corso Simba als Pflegehund bei uns ein. Ohne vorheriges Kennenlernen von Menschen und Hunden wurde der Bub den Mädels einfach vor die Nase gesetzt, die ihn natürlich erst einmal „einnordeten“ und ihm ganz klar sagten, dass er bei uns gar nichts zu melden hatte. Doch Simba suchte pfotenringend Anschluss und schlich sich ganz unauffällig an… bis er nach gerade mal 12 Stunden schon hochzufrieden mit Mortisha in einem Hundebettchen lag, die ihn ihrerseits geflissentlich ignorierte.
Wie zu erwarten hielt diese Ignoranz nicht lange vor: ein gestandener Rüde macht auf Hündinnen natürlich Eindruck und so wurde er innerhalb kürzester Zeit ins Team aufgenommen. Genau genommen passten die drei zueinander wie der berühmt-berüchtigte „Arsch auf Eimer“ und wir mussten uns recht schnell eingestehen, dass wir ihn nicht vermitteln konnten, sondern selber behalten mussten. 😉
Mir erleichterte das Spaziergänge nicht gerade: eine knackige Hündin, eine größenwahnsinnige Bulldogge und dazu ein kleiner Macho. Nun hatte Tisha ZWEI Bodyguards und riskierte immer öfter eine große Klappe, immer in der Gewissheit, dass die beiden Großen sofort zur Stelle waren und jeden verhauen würden, der Widerworte riskierte. Insbesondere in Kombination mit Simba muss man vorsichtig sein und so werden die beiden vorsichtshalber immer angeleint, wenn wir anderen Hunden begegnen. Gemeinsamer Freilauf kann dann wirklich nur stattfinden, wenn das Konfliktpotential gen null geht.
Allerdings ist unseren Wauzis der Kontakt zu anderen Artgenossen nicht sonderlich wichtig: sie genügen sich selber. Zuhause wird dafür tagtäglich ausgiebig gespielt und gekuschelt….und alle sind glücklich und zufrieden.
Zumindest solange nicht wieder ein gesundheitliches Problem auftaucht, das uns ziemliche Nerven kostet.
Im April 2010 übergab sich Mortisha ein um’s andere Mal. Kein Fieber, kein Durchfall. Aber ihr ging es hunde-elend: aufgekrümmter Rücken, harter Bauch, starke Bauchgeräusche, Übelkeit, heftiges Zittern. Wir machten uns keine großen Gedanken und gingen einfach davon aus, sie habe draußen etwas aufgenommen und sich den Magen verdorben. Doch innerhalb der nächsten Wochen wiederholten sich diese „Kotz-Phasen“ in schöner Regelmäßigkeit , so dass ich mir doch zunehmend Sorgen machte und überlegte, ob nicht auch ein Fremdkörper dafür in Frage kommen könne. Unsere damalige Tierärztin hielt eine Futterunverträglichkeit für viel wahrscheinlicher, röntge dann schließlich aber doch auf mein Drängen hin.
Bei der Leeraufnahme sah man, dass die Magenschleimhaut – wie erwartet – verdickt war. In/an den Falten befanden sich mehrere kleine (teilweise fast runde) Fremdkörper. Evtl. Futterreste, doch nichts Genaues wusste man. Magen, Leber und Milz waren ansonsten unauffällig. Nur um die Bauchspeicheldrüse sah es etwas „wuschig“ aus. Eine Kontrastaufnahme zeigte an Magen und Bauchspeicheldrüse keine Auffälligkeiten. Die Dünndarmverläufe waren klar zu erkennen, keine Obstruktionen oder dergleichen. Die Magenentleerung schien also auch normal zu funktionieren. Einzig um den Magenpförtner sah alles seltsam verdickt aus.
Die Überlegungen reichten von Gastritis über rezidivierende Pankreatitis, wobei ersteres wahrscheinlicher wäre. Wir tendierten dazu, auf eine Gastritis zu behandeln… die ja verschiedene Ursachen haben könnte (bakteriell, Geschwür, Fremdkörperreizung). Mit etwas Glück hätte sich das Thema damit erledigt.
Das Gremlinchen übergab sich aber weiterhin brav im 2-Wochenrhythmus, so dass wir wirklich alles Mögliche untersuchen ließen, inklusive Kot, Blut und ganz speziell die Bauchspeicheldrüse. Ergebnis: nix. Alles perfekt. Nun verringerten sich die Abstände auch noch immer weiter, die Maus behielt selbst Wasser kaum noch bei sich und magerte stark ab. Also vereinbarten wir im September einen Termin bei einem Kölner Internisten, der recht schnell die Vermutung äußerte, es könnte sich um ein Problem an der Speiseröhre handeln. Nun wurden mehrere Röntgenaufnahmen angefertigt: eine Leeraufnahme, dann zum Vergleich drei weitere, auf denen Mortisha „kopfüber“ ein Kontrastmittel trinken musste. Armes Mäuschen… die Prozedur war nicht gerade angenehm. 🙁 Auf den Bildern sah man ganz deutlich, dass sich die Speiseröhre nicht normal entleerte. Außerdem war sie im unteren Bereich erweitert und auch der Schließmuskel am Mageneingang arbeitete nicht richtig.
Nun folgte ein Ultraschall: Gallenblase vollkommen ok, dafür war aber die Milz nach rechts verlagert, ebenso der Magen. Ursache unbekannt. Weiterhin fiel eine eine verringerte Darmmotilität auf. Das musste in einer Magenspiegelung näher untersucht werden, die der Internist auch gleich hätte durchführen können. Der bestand jedoch darauf, dass wir den Hund nach dem Spritzen eines Tranquilizers sofort zu verlassen und „nach Hause“ zu fahren hätten. Ich lasse mich jedoch ungern in einer solchen Form bevormunden, zumal es keinen guten Grund gibt, einen noch wachen (oder gerade wegdämmernden) Hund zu verlassen. Ein vernünftiges Gespräch war mit dem bis dahin sehr freundlichen Vet nicht möglich. Er wurde extrem schroff und bestand auf seinen Regeln. O-Ton: „Entweder Sie halten sich an meine Bedingungen oder Sie können sich jemand anderen suchen.“
Daraufhin meinte ich nur mit einem strahlenden Lächeln: „Ok, dann fahren wir eben nach Hofheim.“
Dem Internisten ist daraufhin so ziemlich alles aus dem Gesicht gefallen. 😀
Glücklicherweise mussten wir aber nicht wirklich bis in den Taunus fahren, sondern bekamen einen Termin bei einem anderen Kölner Internisten, der sich (genau wie das gesamte Praxisteam) live als ebenso nett und zuvorkommend erwies wie am Telefon. Bei ihm war es auch kein Problem, Einschlaf- und Aufwachphasen absolut stressfrei für den Gremlin zu gestalten. Das war aber auch das einzig Erfreuliche an der ganzen Sache. 🙁
Bei der Endoskopie wurde die Erstdiagnose bestätigt. Es lag eine Verschlussinkompetenz des unteren Ösophagussphinkters vor. Das bedeutet, dass der Schließmuskel des Mageneingangs nicht richtig schloss und meist weit geöffnet war, so dass es immer wieder zu einem Reflux kam, was eine Refluxösophagitis zur Folge hatte. Die immer wieder hochkommende Magensäure hatte also zu einer Entzündung der unteren Speiseröhre (und des Mageneingangs) geführt, was auf den Endoskopbildern selbst für medizinische Laien deutlich zu erkennen war. Weiterhin lag eine leichte Erweiterung der Speiseröhre vor und die bereits erwähnte Entleerungsstörung derselben. Der Magen selber war glücklicherweise vollkommen in Ordnung und es gab auch keine Hinweise auf Tumore.
Zur Ursachenabklärung wurde Blut zu einer speziellen Parameter-Abklärung abgenommen und in ein Fremdlabor geschickt, wo zumindest eine Muskelerkrankung (-> Myastena gravis) ausgeschlossen werden konnte. Laut Biopsie-Befund gab es auch keinen Hinweis auf Tumore & Co. Wir kannten daher zwar immer noch nicht die Ursache, doch die Sache pendelte sich ein, nachdem wir die Fütterung umstellten und fleissig Antazida gaben. Bald hörte das Kotzen ganz auf, die Süße nahm wieder zu und so kehrte endlich wieder Ruhe bei uns ein!
Um das Chaos während dieses ganzen Untersuchungsmarathons komplett zu machen, bekam ich zu dieser Zeit mit, dass Vegas Mutter nach ihrer Vermittlung Sorgen machte, so dass ich mich einklinken MUSSTE und dabei Dinge erfuhr, die mir keine Ruhe ließen. Die arme Hündin war in ihrer neuen Familie einfach nicht gut aufgehoben. Also fuhr ich im Juni 2010 für zwei Tage mit Vega weg…. und wir brachten Felicitas mit nach Bonn, die nach ihrer eher unglücklichen Vermittlung dringend ein dauerhaftes Zuhause suchte. Dementsprechend hoch war der Druck, den ich mir selber machte: diese Vergesellschaftung durfte nicht schief gehen!
Da sich Vega aber auf Anhieb mit ihrer Mutter verstanden hatte und ihr gegenüber völlig relaxt war, musste ich nur auf den Dicken achten (doch was sollte der schon gegen eine weitere Hündin einzuwenden haben?) und auf die kleine Giftnudel. Tatsächlich kam es in den ersten Tagen zu ein paar kribbeligen Situationen, die ausschließlich von Mortisha ausgingen. Wir hatten ihr aber wohlweislich das Geschirr angelassen und so gelang es mir sogar 2 x, sie im Flug abzufangen, als sie sich auf die weitaus größere Hündin stürzen wollte! Glücklicherweise war Feli generell so durch den Wind, dass sie nicht reagierte, sondern jedem Stress aus dem Weg ging.
Dies änderte sich zwar, nachdem sie hier richtig „angekommen“ war und sie in der Rangordnung aufsteigen wollte, doch waren die anderen Hunde mittlerweile so cool drauf, dass ich das ruhig, aber bestimmt regeln konnte…. und damit war das Thema ein für allemal durch!
Nach wenigen Wochen hätte wohl niemand gedacht, dass dieses Quartett noch gar nicht so lange zusammengehörte. Die Vier gingen dermaßen vertraut miteinander um, dass eine eine Freude war, sie zu beobachten. Ob nun im wilden Spiel, bei der gemeinsamen Jagd (*hüstel*), beim Fressen, beim „social grooming“ oder einfach nur beim Kontaktliegen.
Ganz selten mal gibt es zwischen unseren Hunden Differenzen, die an sich nicht über eisige Blicke, Brummen oder Knurren hinausgehen.
Doch im Dezember 2010 knallte es einmal richtig: eine kleine Meinungsverschiedenheit zwischen Mortisha und Simba endete in einem Kommentkampf. Lautes Getöse, die Hunde gingen regelrecht hoch und der deutlich größere und schwerere Rüde schlug der kleineren Hündin (unabsichtlich) mit der Pfote auf den Rücken. Obwohl die „Rauferei“ unblutig verlaufen war und wirklich nur Sekunden gedauert hatte, zeigte Tisha relativ schnell starke Schmerzen, konnte sich kaum rühren und zitterte am ganzen Körper. 🙁
Da ich noch auf Arbeit war, wartete mein Mann nicht lange, sondern fuhr sofort mit ihr zur Tierärztin, die einen Bandscheibenvorfall vermutete und ihr völlig korrekt Cortison und Schmerzmittel spritzte.
Doch zwei Tage später folgte der große Schock: morgens war die Kleine noch tapfer zum Fressnapf gewackelt, hatte gefressen und sich anschließend für ihr Verdauungsschläfchen auf die Couch heben lassen…. doch als ich sie nach einem Stündchen vom Sofa hob, um sie zum Pieseln in den Garten zu bringen, sackte sie einfach hinten zusammen und war gelähmt!
Ich raste mit ihr in die Praxis, wo tatsächlich eine Querschnittslähmung festgestellt wurde, die schnellstmöglich operiert werden musste…und zwar am besten in der Tierklinik in Hofheim. Während ich meinen Mann von seiner Arbeitsstelle aus Krefeld zurückbeorderte und meine Eltern als Hundesitter anforderte, telefonierte unsere Tierärztin mit der Klinik und kündigte uns als Notfall an. Glücklicherweise klappte alles reibungslos und so waren wir innerhalb weniger Stunden in Hofheim, wo man sofort alles stehen- und liegen ließ und sich sofort um den Gremlin kümmerte. Nun folgten CT, MRT und nach einer Besprechung mit dem Neurologen dann die OP, weil das Rückenmark nicht allzu sehr geschädigt zu sein schien und die Heilungschancen gut waren.
Tisha hatte zwei Bandscheibenvorfälle (zwischen dem 11. und 12. sowie dem 12. und 13. Wirbel). Die Einblutungen entlang dieser Wirbel wurden entfernt, ebenso einiges an Bandscheibenmaterial…. mit etwas Glück sollte sich das Rückenmark regenerieren und unser Liebling irgendwann wieder laufen können.
Da wir vor der OP noch darauf hingewiesen hatten, dass wir zuhause gerade mit Felicitas einen MRSI-Fall hatten und sich die multiresistenten Erreger somit auch auf dem Fell der Kleinen befinden konnten, hat die OP selber unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen stattgefunden, so dass wir nicht noch eine zusätzliche Kontamination befürchten mussten, die für den Gremlin das Todesurteil bedeutet hätte.
Auch wenn wir normalerweise selbst intensivmedizinische Betreuung lieber zuhause leisten, blieb uns in diesem Fall nichts anderes übrig, das Tishakind in der Klinik zu lassen, wo sie einfach am besten aufgehoben war. Doch schon nach wenigen Tagen stimmten uns die telefonischen Berichte nachdenklich: seit es dem kleinen Kaspar Hauser besser ging, stresste sie das Händling durch ihr völlig fremde Personen immer mehr. Sie kooperierte nicht mehr, ließ sich nur unwillig anfassen, um z.B. manuell die Blase zu entleeren, setzte ein grimmiges Bulldog-Schnütchen auf und übergab stressinduziert ihr Futter, was wir nun überhaupt nicht gebrauchen konnten.
In Absprache mit unserer Tierärztin beschlossen wir daher, Mortisha auf eigene Verantwortung früher aus der Klinik zu holen, um einen psychischen Knack zu vermeiden. Der Neurologe war nicht begeistert, da die Kleine immer noch gelähmt war und sich nicht selbstständig lösen konnte. Letztendlich bekamen wir sie aber doch mit dem „Segen“ der Klinik, da sie einen Tag vor Abholung erstmals selbstständig Urin abgesetzt hatte. *freu*
Zuhause hatten wir eine Kranken- bzw. Quarantänestation im ersten Stock vorbereitet, da Morty aufgrund der Infektionsgefahr nicht zu den anderen Hunden gebracht werden durfte. Klamottenwechsel und Desinfektion inclusive, sobald man aus dem Wohnbereich in den Krankenbereich wechselte, wo Morty sicher in einem Laufstall untergebracht war. Sobald die Fäden gezogen und somit potentielle Eintrittspforten für fiese Erreger verschlossen waren, durfte der Gremlin auch endlich wieder runter zu den anderen Hunden, die sich natürlich unheimlich freuten, ihr „Baby“ wiederzusehen, und dabei gaaaaaaanz vorsichtig waren.
Vorsichtshalber blieb sie aber trotzdem im Laufstall, wenn wir nicht dabei waren, um zu verhindern, dass einer der großen Hunde sie versehentlich umrannte, falls z.B. jemand an der Tür klingelte. Mortisha fand das doof, aber Sicherheit geht nun einmal vor!
Nachdem die kleine Kröte endlich wieder daheim war, machte sie in einem aberwitzigen Tempo Fortschritte: zuhause erholt man sich halt einfach am besten, weil man sich wohl fühlt und gerade im Zusammenspiel mit seiner zwei- und vierbeinigen Familie eine ganz andere Motivation entwickelt, wieder auf die Beine zu kommen bzw. in diesem Fall auf die Pfoten!
Vom ersten Tag an versuchte Mortisha immer wieder aufzustehen und der linke Hinterlauf machte minimale „Mitlaufversuche“, wenn sie mit unser Unterstützung durch die Gegend hottete. Das Beste aber war, dass sie ihr Gewicht schon mehrere Sekunden halten konnte, wenn man sie auf ihre Hinterbeine stellte und die Pfoten richtig positionierte. Nach gerade mal vier Tagen (!) zeigte sie erste Ansätze, beide Hinterläufe koordiniert mitzubewegen, als wir mir ihr durch den Garten wanderten und dabei ihr Hinterteil mit dem Bauchgurt in die Höhe hielten. So langsam kam also aus dem Rückenmark Information hinten an!
Tatsächlich überraschte das sture Bulldöggchen nicht nur uns, sondern auch die behandelnde Physiotherapeutin und ihre Tierärzte fast jeden Tag mit einer kleinen Verbesserung… wie z.B. ein ganz langsames und konzentriertes Kratzen mit dem rechten Hinterlauf hinter dem Ohr, das selbstständige Bewältigen von drei Schritten, dem allmählich wiederkehrenden Hochstellreflex, dem intensiven Mitarbeiten beim unterstützten Gehen, einem sich aufbauenden Muskeltonus, einem zurückkehrenden Streckreflex oder dem eigenständigen Aufstehen aus dem Sitzen… zwar mit eingeknickten Knien, aber wenn sie dann weiterlief, streckte sie die Hinterläufe durch.
Und dann geschah das, womit wir nicht mal in unseren kühnsten Träumen gerechnet hatten: Gerade mal 15 Tage nach der Operation LIEF Mortisha! Schwankend und unsicher, aber immerhin kam sie (auf rutschfestem Untergrund) ohne unsere Hilfe ein paar Meter weit.
Laut dem Chirurgen hatte es zwar schwerwiegende Ausfälle gegeben, doch sah die Wirbelsäule bis auf die Vorfälle prima aus und diese Stellen waren ja „repariert“ worden. Die sehr schnelle Entlastung des Rückenmarks, das tägliche Training zuhause und regelmäßige Physiotherapie gepaart mit dem eisernen Willen und der unbändigen Lebensfreude unseres kleinen Stehaufmännchens hatten zu dieser unglaublichen Regenerierung geführt…. und die Hofheimer entließen Mortisha nach einer gut 3-monatigen Schonzeit wieder in ihr ganz normales Leben, ohne jegliche Einschränkung! Laut unserer Physiotherapeutin, die öfter mit gelähmten Hunden arbeitet, ist so etwas extrem selten.
Das Mortadellchen kann glücklicherweise wieder frei laufen, spielen, rennen, hüpfen, trailen und ihr Leben genießen. Sie hat zwar ein kleines Handicap zurückbehalten und läuft nicht ganz sauber, aber das stört weder sie noch uns!
Nachdem Mortisha Simba endlich „verziehen“ hatte (sie hatte den heftigen Schmerz folgerichtig mit dem Großen verknüpft und war anfangs gar nicht gut auf ihn zu sprechen), konnte das Quartett also wieder gemeinsam die Gegend unsicher machen und wir freuten uns jeden Tag an ihrem Zusammenspiel.
Doch leider war uns dieses Glück nicht lange vergönnt: Nach gerade einmal einem knappen Jahr bei uns, in dem Felicitas aufgeblüht war und mit Sicherheit die beste Zeit ihres Lebens gehabt hatte, kam das Ende ganz plötzlich. Nach viertägigem Kampf mussten wir sie im September 2011 mit blutenden Herzen gehen lassen und standen lange komplett neben uns, weil der Schock einfach zu tief saß.
Es dauerte lange, bis wieder so etwas wie Normalität in unseren Alltag eintrat, und ich den Anblick unseres miteinander spielenden Trios wieder voll und ganz genießen konnte, ohne jedesmal mit Wehmut an das Felinchen zurückzudenken.
Eine willkommene Ablenkung war da im Juli 2012 ein Trip nach Wien, bei dem ich mit Mortisha an einem Mantrailing-Seminar teilnahm. Gemeinsam mit ihrer Schwester Paula zeigten sie all den großen Hunden und deren teilweise doch recht verblüfften Hundeführer, dass auch so kleine Kurznasen was drauf haben!
Zu unserer großen Freude blieb Morty die nächsten Jahre gesundheitlich stabil und es gab keine weiteren „Überraschungen“.
Als man uns dann Anfang 2014 French Bulldog-Welpen ans Herz legte, die gerade von Tierheim-Mitarbeitern mit der Flasche groß gezogen wurden, konnten wir nicht lange widerstehen und sagten schließlich zu, ein kleines Hundemädchen aufzunehmen. Schließlich hatten wir schon einmal ein Quartett managen können… und das sogar mit drei großen Hunden. Da würde es mit einem Kleinhund erst recht klappen!
Das Hundekind würde mit Vega eine weise und souveräne Hunde-Oma bekommen und mit Simba einen lustigen Hunde-Onkel, der mit ihr zusammen sicher allerhand Blödsinn anstellen würde. Einzig und alleine Mortisha war ein Unsicherheitsfaktor, da sie gerne im Mittelpunkt steht und ihre Menschen ungern teilt.
Ende Februar war es dann soweit: wir holten die kleine Matilda ab, die von allen Oldies interessiert beschnuppert wurde, bevor es auf die lange Heimfahrt ging. Zuhause angekommen übte Vega sich in Ignoranz, Mortisha war „not amused“ und Simba war zwar total begeistert, aber mit dem Winzling noch leicht überfordert.
Das Verhältnis der M&Ms gestaltete sich anfangs aber doch schwieriger als erwartet: die Althündin attackierte das nicht mal 3 kg schwere Welpchen innerhalb der ersten Tage drei Mal ohne Warnung, weil es wagte zu atmen und zu existieren. Ich konnte die Angriffe glücklicherweise jedesmal abwehren und wurde bei meiner letzten Maßregelung SEHR deutlich. Offenbar stimmten Timing und Heftigkeit, denn seitdem ließ der Gremlin die Kleine in Ruhe und drohte sehr sauber und fein abgestuft, sobald es ihr zu heftig wurde. Dabei zeigte sie endlich wieder das volle Programm: Eineisen des Gesichtes, starrer Blick, angestrengtes Atmen durch die Nase, Knurren, Kräuseln der Nase, Hochziehen der Lefzen und erst im letzten Schritt bzw. wenn es erforderlich wird ein Drohschnappen (incl. Fauchen).
Als Matilda ihr irgendwann trotz eindringlicher Warnungen mitten ins Gesicht gesprungen ist, ging Morty „drauf“, packte sie im Nacken und drückte sie runter, fasste sogar 2x nach und drückte sie noch tiefer. Ich stand daneben und hielt die Luft an. Matilda gab KEINEN Mucks von sich und hielt gaaaaaanz still. Als die Große sie losließ, waren Kopf und Nacken pitschnass, aber sie hatte ihr kein Härchen gekrümmt!
Seitdem waren die Fronten geklärt: Matilda hatte einen Heidenrespekt vor Mortisha und benahm sich ihr gegenüber vorbildlich… und Tisha war damit sehr zufrieden und freute sich darüber, dass WIR uns über jede saubere Aktion und jeden freundlichen Kontakt freuten und dabei sehr spendabel mit Belohnungen umgingen.
Ganz allmählich merkte man der strengen Gouvernante an, dass sie selber immer mehr Spaß an dem Junggemüse entwickelte….und dass sie immer mehr Geduld und Toleranz ihr gegenüber zeigte, bis Matilda ihr im wahrsten Sinn des Wortes auf der Nase rumtanzen durfte!
Die beiden sind einfach nur supersüß miteinander und sehen noch dazu aus wie Mutter und Tochter. Sie spielen täglich miteinander: laut, wild, ausgelassen. Wer das nicht kennt, könnte glatt denken, dass das Spiel zu kippen droht, weil ständig Zähne blitzen und Mortisha geradezu hysterisch wirkt. Doch so spielen Gremlins nun einmal miteinander. *zwinker*
Als Mortishas Ziehmama Vega im Dezember 2015 ganz plötzlich verstarb, war es sicher Matilda geschuldet, dass dieser Verlust einigermaßen „erträglich“ blieb, da die beiden verbliebenen Oldies sich quasi rund um die Uhr um die Kleine kümmerten, der es zu diesem Zeitpunkt gesundheitlich nicht gut ging. So merkte man sehr schnell, dass die Hunde NOCH enger zusammenrückten.
Wie zu erwarten, rutschte Morty nun in der Rangfolge an die Spitze unserer Kleinrudels, und erledigt ihren „Job“ für eine im Grunde recht unsichere Hündin erstaunlicherweise sehr gut! Zuhause hat sie alle fest im Griff, sie ist unglaublich tolerant und lässt den anderen sehr viel durchgehen, doch wenn ihr etwas nicht passt, wird sie sehr deutlich und man merkt insbesondere Matilda den großen Respekt an, den sie dem Gremlin gegenüber empfindet. Wenn sie es im Spiel mal übertreibt, reicht ein strenger Blick…. und die Kleine kuscht!
Aber auch im Kontakt mit fremden Hunden ist Mortisha einfacher geworden: hier spielt sicher nicht nur eine gewisse Altersmilde eine Rolle, sondern auch das tägliche „Spieltraining“ mit dem Junggemüse, durch das sie im Umgang mit Artgenossen deutlich entspannter und spielfreudiger geworden ist.
Außerdem übernimmt sie nun Vegas alten Part, ungebetene Kontakte auf Distanz zu halten: notfalls rammt sie den anderen Hund und verweist ihn kläffend, und zwar mit einer unmissverständlichen Ernsthaftigkeit, die bislang noch jeden ausgebremst hat.
Wir versuchen solche Konfrontationen allerdings zu vermeiden, da unser Mortadellchen nun einmal ein Handicap-Hund ist und bleibt. Wir möchten keine ernsten Auseinandersetzungen riskieren, da die gesundheitlichen Risiken für sie einfach zu groß sind, vor allem im Kontakt mit größeren und kräftigeren Hunden. Bereits im spielerischen Kontakt kann ein Pfotenhieb oder ein zu heftiger Bodycheck schmerzhafte Auswirkungen auf die eh nicht gerade sicher auf ihren Hinterläufen stehende Maus haben.
Im September 2015 lief sie – ohne erkennbare Ursache – zunehmend schlechter und wackeliger. Obwohl Tisha seit gefühlten Ewigkeiten dauerhaft Schmerzmittel bekommt, wurden die Schmerzen so arg, dass sie kaum noch mit dem linken Hinterlauf auftreten konnte. Nun konnten wir auch endlich die Stelle lokalisieren: das linke Knie.
Trotz einer deutlich ausgeprägten Schublade im Knie hofften wir, dass das Kreuzband nicht komplett gerissen, sondern nur angerissen oder gedehnt war. Im rechten Knie (das vor knapp 9 Jahren bereits 2x operiert worden ist) ist nämlich ebenfalls ordentlich Spiel drin.
Eine Kreuzband-OP kam in Mortishas hohem Alter und mit ihren vielen orthopädischen Baustellen nicht in Frage. Sie ist sowieso schon gehandicapped und die Fehlbelastung in Schultern und Ellenbogen macht ihr relativ stark zu schaffen, auch wenn sie sich ihre gute Laune grundsätzlich nicht nehmen lässt. Nach einer OP würden wir die Süße wohl gar nicht mehr auf die Pfoten bekommen.
Also blieb uns nur die Möglichkeit, konservativ mit Physiotherapie ranzugehen. Leider war unsere Physiotherapeutin just zu dieser Zeit in Urlaub. Da ihr Behandlungsplan in der akuten Phase aber eh „nur“ Schmerzreduzierung (Schmerzmittel, Kühlung), Lockerung der Rückenmuskulatur (Massagen) und ganz leichte Streckübungen umfasst hätte, konnten wir das erst mal selber übernehmen. Zusätzlich riet sie uns zu einer maßangefertigten therapeutischen Bandage, die das Knie unterstützt und schützt.
Als Notfall durfte ich freundlicherweise noch am selben Tag zu benecura in die Eifel düsen, um Mortisha vor Ort vermessen zu lassen. Ihre Bandage wurde sofort angefertigt und am nächsten Tag versendet, so dass wir innerhalb von zwei Tagen versorgt waren. Ein wirklich toller und kompetenter Service!
In den nächsten Monaten lief Mortisha also als kleiner Cyborg durch die Gegend:
So „gesichert“ lernte Morty dann auch Sofia kennen, die unsere Hundebande seit Mitte Januar 2017 verstärkt. Wir waren natürlich bei der Vergesellschaftung sehr vorsichtig, weil die Neue ein ganzes Stück größer und schwerer ist als unsere Gremlins. Glücklicherweise ist sie aber unglaublich freundlich und stellt sich sehr gut auf ihr vierbeiniges Gegenüber ein.
Unser Ömchen hatte überhaupt nichts dagegen einzuwenden, dass eine weitere Hündin bei uns einziehen durfte…. was aber auch sicher daran liegt, dass Sofia ein totales Sensibelchen ist und keinerlei Ambitionen hat, in der Rangfolge emporzusteigen. Morty ist und bleibt die Chefin und genießt die Rolle der kleinen Despotin.
Sie muss allerdings nur sehr selten „schimpfen“, wenn die anderen zu grobmotorisch um sie rumtrampeln oder wenn sie ihre Ruhe haben möchte und ihren Platz im Bett oder auf der Couch ausnahmsweise für sich alleine haben möchte. Grundsätzlich lässt sie den anderen aber viele Freiräume, lässt sich gönnerhaft von Sofia die Lefzen und Ohren abschlabbern und spielt weiterhin gerne mit ihren Hundekumpels: Simba wird sanft angerempelt und in die Wamme gebissen, mit Matilda kann sie wild und laut balgen und mit Sofia kann sie herrliche Zieh- und Zerrspiele machen, die für sie den zusätzlichen Vorteil haben, dass sie dadurch ihre Hinterlaufmuskulatur trainiert. Vor allem genießt sie aber das gemeinschaftliche Kontaktliegen.
Wir könnten nicht zufriedener sein! Wir haben wieder ein extrem gut harmonierendes Quartett, das uns unglaublich viel Freude macht… und sind uns sicher, dass gerade diese Harmonie und Freude am Zusammenleben mit den anderen Hunden Mortisha auch gesundheitlich gut tut und sie in der Bewegung unglaublich fordert, ohne sie zu überfordern!
Auch wenn sich langsam Mortishas 12. Geburtstag nähert, ist sie supergut drauf, hat keine zusätzlichen Erkrankungen und freut sich (fast) jeden Tag, mit uns rauszufahren und die Gegend unsicher zu machen. Wir hoffen also sehr, dass das noch eine ganze Weile so weitergeht.