Schullektüre

Heute sprach mich eine Frau mit osteuropäischem Akzent an, die ein Buch suchte, das ihr Sohn in der Schule lesen musste. Unerwarteterweise musste ich sie nicht an die Schulbuchabteilung verweisen, sondern konnte sie gleich in meinen Bereich führen: in die Fantasy. Gesucht wurde nämlich – brav auf einen Zettel mit Verlag, ISBN und Preis vermerkt – Tolkiens „Der kleine Hobbit“.

Anhand der Angaben wusste ich gleich, um welche günstige Taschenbuchausgabe es sich handeln musste, steuerte schnurstracks auf den Tolkien-Tisch zu, nahm ein Buch in die Hand, überprüfte vorsichtshalber die ISBN und wollte es der Kundin überreichen.

Doch die runzelte beim Anblick des Covers nur die Stirn und machte keine Anstalten, es an sich zu nehmen….

hobbit

Nun fragte sie misstrauisch: „Geht es da um Hexerei?“

Ich stutzte, konnte mir ein Grinsen so gerade noch verkneifen und antwortete ganz ernst: „Das ist ein Klassiker der Fantasy!“

Kundin: „Aber da sind Hexen drin?“
Ich: „Nein, keine Hexen. Aber Zauberer.“
Kundin: „Das will ich nicht!“
Ich: „Na ja…. Sie haben nicht wirklich eine Wahl. Schließlich soll das Buch in der Schule gelesen werden, oder?“
Kundin, in seeehr bestimmten Tonfall: „Nein, das will ich nicht. Mein Sohn soll so was nicht lesen.“
Ich: „Das müssen Sie dann wohl mit der Lehrerin besprechen.“
Kundin, aufgebracht: „Ja, das mache ich!“

…drehte sich um und stapfte fort.

Für Kinder ist es sicher nicht lustig, wenn Eltern mit strikten moralisch-religiösen Vorstellungen den Lehrplan nicht akzeptieren und Theater machen. Und man kann nur hoffen, dass dieser arme Junge dadurch nicht zum Gespött seiner Mitschüler wird, aber ich muss gestehen, dass ich mich ob dieses Wortwechsels und ihres völlig entsetzten Gesichtsausdrucks arg amüsiert habe.
biggrin

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