verqueres Rechtsempfinden

Tatort Siegburg, an der Feuerwehr.

Als wir quer über das Gelände der Feuerwehr trailten, standen am Zaun zwei staunende Jungs (ca. 12 Jahre alt). Wir liefen an ihnen vorbei und Simba  führte mich in das angrenzende Wohngebiet, wo wir schließlich unsere VP aufspürten und dann gemeinsam zurückgingen. Auf dem Rückweg sahen wir nur noch einen Jungen, der  sich weinend und brüllend am Zaun festklammerte, während der Mann versuchte, ihn am Handgelenk wegzuziehen.  Das Ganze wurde von einer kopfschüttelnden Frau beobachtet, die direkt daneben stand.

Oh oh… da waren wir wohl in eine Erziehungsmaßnahme hineingeraten! Wir schauten uns nur betreten an und gingen weiter…. bis eine unserer Mittrailerinnen glücklicherweise hörte, wie der Junge schluchzte, das werde er seiner Mutter erzählen.

Wir also sofort retour und gefragt, was hier los sei. Und nun stellte sich heraus, dass die beiden Jungs Steine in den nahegelegenen Garten geworfen hatten, der dort lebende Familienvater zornbebend herausgestürmt war, sie verfolgt und am Schlafittchen gepackt hatte. Der eine Junge hatte sich losreissen können und war geflüchtet. Der zweite wurde „in Notwehr“ festgehalten, während die Zeugin nun loswanderte, um die Polizei zu rufen.

Sorry, aber das geht ja nun mal gar nicht…und mit „Notwehr“ hatte das erst recht nichts zu tun. Der Mann tat dem Jungen offensichtlich weh und ließ auch nicht von ihm ab, obwohl wir zu viert um ihn rumstanden und ihn aufforderten, den Kleinen loszulassen. Erst als die von dem geflüchteten Jungen zu Hilfe gerufene Mutter auf dem Plan erschien, Hand an den Mann legte und ihn anfunkelte, er habe den Jungen sofort loszulassen, kam er der Aufforderung endlich nach.

Die Emotionen kochten über: dem einen Jungen kullerten immer noch dicke Tränen über die Wangen, er rieb sich sein knallrotes Handgelenk… der zweite schrie völlig hysterisch rum, da der Mann ihn offenbar am Hals gepackt und zugedrückt hatte  (tatsächlich war der Schulter-Hals-Übergang auf der einen Seite stark gerötet). Nun tauchten – von den Schreien alarmiert –  weitere Personen aus der Nachbarschaft auf und mischten sich aufgebracht ein. Chaos hoch drei!

Wir konnten nur noch versuchen, alle Parteien zu beruhigen und darauf zu insistieren, dass wir hier nun alle gemeinsam auf die Polizei warten sollten.

Tatsächlich fuhren kurz darauf drei Beamte vor (eine Frau und zwei Männer), hörten sich alles brav an und klärten den guten Mann dann auch auf, dass es zwar eine „Jedermann-Festnahme“ gibt, die aber aber nur unter dem „Verhältnismäßigkeitsprinzip“ erfolgen darf. Übermäßige Gewalt, insbesondere gegenüber nicht strafmündigen Kindern, sei da als sehr kritisch zu bewerten. Zumal in diesem Fall weder eine Sachbeschädigung noch eine Körperverletzung stattgefunden hatte, da die Jungs wirklich nur kleine Kieselsteine geworfen und nichts / niemanden damit getroffen hatten. Von einer „Notwehr“ könne also nicht die Rede sein… und man könne und dürfe auch niemanden verhaften, um eventuelle zukünftige Straftaten zu verhindern.

Letztendlich wollte man es dabei belassen, dass sich die gegnerischen Parteien entschuldigten und der Mann eine mündliche Ermahnung erhielt. Die Mutter des einen Jungen wurde zwar darüber informiert, dass sie Anzeige wegen Nötigung und Körperverletzung stellen könne, aber im Grunde wurde ihr durch die Blume nahegelegt, es zu lassen. Hmpf.

Da frage ich mich doch, ob da jemand nur keine Lust auf unnötigen Papierkram am Sonntag hatte… ich als Mutter des derart festgehaltenen Jungen hätte ich die Sache ganz sicher nicht auf sich beruhen lassen.

Btw: Simba lag während der ganzen heftigen Brüllerei genau in der Mitte zwischen Kindern, Polizisten, Nachbarn und Trailgruppe und blieb vollkommen ruhig. Und als sich die Gemüter erst mal ein bisschen beruhigt hatten und die Diskussion in einer vernünftigen Lautstärke und Tonlage ablief, ließ er sich sogar einfach auf die Seite sinken und döste vor sich hin, was ihm zumindest von einem Polizeibeamten einen anerkennenden Blick einhandelte.

Ein Gedanke zu „verqueres Rechtsempfinden

  1. Arggghhh, da bekomme ich die Wut beim Lesen. Da würde man ja am liebsten … muss sich dann aber selbst zusammen nehmen, damit die Situation nicht noch eskaliert.

    Gut gelöst, auch wenn das Ergebnis wirklich nicht zufriedenstellend ist.

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