Ich lese gerade….

…ein etwas anderes „Hundebuch“.

Rebecca Hunt, Mr. Chartwell

hunt

Die junge Malerin Rebecca Hunt beschäftigt sich in ihrem Debütroman mit ernsten Themen: Verlust, Trauer und Depression. Dazu greift sie auf ein Bild zurück, das der selbst an Depressionen leidende Winston Churchill geprägt hat…den „black dog“. Eben dieser schwarze Hund  taucht in Hunts Geschichte als riesige, stinkende, sabbernde und nach dazu sprechende Gestalt auf, die eines Tages vor der Tür der Bibliothekarin Esther Hammerhans auftaucht und ihr Untermieter werden möchte. Verwirrt, entsetzt, aber auch irgendwie von dem Hund fasziniert, lässt sie ihn in ihr Haus und ihr Leben ein.

Der schwarze Hund nennt sich selbst Mr. Chartwell… eine erneute Anspielung auf Churchill, der lange Jahre mit seiner Familie auf dem Landsitz Chartwell House lebte. Doch damit nicht genug der Churchill-Bezüge: die Autorin lässt den berühmten Staatsmann selber auftauchen, als Altpremierminister kurz vor seinem offiziellen Ausscheiden aus dem Parlament, nachdenklich und von trüben Gedanken geplagt, immer wieder mit dem schwarzen Hund diskutierend, der nun abwechselnd bei ihm und bei Esther auftaucht.

Obwohl Esther den chaotischen, rüpelhaften, spitzzüngigen Mr. Chartwell eigentlich verabscheut, weil er ihr Haus im Chaos versinken lässt und immer aufdringlicher und vereinnahmender wird, schafft sie es nicht, ihn wieder vor die Tür zu setzen… weil er durchaus auch nette, geradezu liebevolle Eigenheiten hat und er ein neues Verständnis für ihren Mann Michael weckt, dessen Todestag sich nähert.

Esther mag nicht mehr alleine sein, isoliert sich aber trotzdem immer mehr, zieht sich von ihren wenigen Freunden zurück und wagt es nicht,  ihnen von dem schwarzen Hund zu erzählen. Doch die Sorge und Hartnäckigkeit ihrer Freunde, die Aufmerksamkeiten des neuen Kollegen und eine zufällige, schicksalhafte Begegnung mit Churchill selber  geben Esther letztendlich die Kraft, sich gegen die personifizierte Depression zu wehren.

Fazit: Ein origineller und kurriler, aber auch berührender und eindringlicher Roman, der intelligent und mit einem gewissen Witz geschrieben ist. Absolut lesenswert!