Kangal versus Höllentrio

…oder: „Interessante interkulturelle Erkenntnisse“

Auf unserer heutigen Runde über die Bergheimer Wiesen und Felder sind wir einem türkischen Mann begegnet, der im ersten Augenblick etwas reserviert wirkte… auf mein freundliches Grüßen hin aber von seinem Fahrrad abstieg und mich völlig mit der Frage konsternierte, ob die Hunde (Fingerzeig auf mein Trio) auch kämpfen würden. Während ich noch mit mir rang und mich nicht entscheiden konnte, ob ich pampig, übertrieben freundlich oder mit Nicht-Beachtung reagieren sollte, fügte der Mann – nicht ohne Stolz hinzu – dass sein Kangal die drei fertig machen würde.

Innerlich kochend beschloss ich, den Mann in eine Diskussion um Hunderassen, deren Funktionalität & Co. zu verwickeln… um dem Mann die Sinnlosigkeit solcher Fragen klar zu machen und ihn für die Problematiken heutiger Hundehaltung  zu sensibilisieren.

Doch…oh Wunder: im Verlaufe des Gesprächs musste auch ich einige meiner vorgefertigten Meinungen überdenken und die „traditionelle“ Sichtweise gewisser Kulturkreise in Bezug auf Hunde, deren Zweck und Wert in einem anderen Licht sehen.

Tatsächlich besitzt der Mann in der Türke nicht nur mehrere Kangals, sondern auch eine große Schafherde, die von den Hunden selbstständig bewacht wird. Und er ist nicht nur stolz auf die imposante Erscheinung und die Wehrhaftigkeit insbesondere seines Lieblingsrüden, sondern er liebt diesen auch für sein Wesen, seine Souveränität und dafür, dass er sich immer auf ihn verlassen kann. Der Hund ist für ihn nicht nur „Arbeitsmittel“, sondern Teil der Familie… er bedauert es, ihn nicht bei sich haben zu können (erfreulicherweise stimmte er mir sofort zu, dass diese Hunde in unseren Breitenkreisen nicht gut aufgehoben sind),vor allem aber tut es ihm leid, dass seine Frau überhaupt nichts mit Hunden anfangen könne und keinerlei Verantwortungsbewusstein für sie empfinde… so könne er sich nicht einmal darauf verlassen, dass sie einen Hund füttere, wenn er mal für ein paar Tage weg sei. Ganz ihm Gegensatz zu seiner alten, gebrechlichen Mutter, die sich selbst unter großen Mühen immer mit den Tieren beschäftige und sie versorge. Fazit: mit einem Hund müsse die gesamte Familie einverstanden sein und man müsse sich gemeinsam um ihn kümmern!

Ganz ehrlich: nach dem etwas schrägen Einstieg in das Gespräch war ich dann doch über die vernünftigen Ansichten des Mannes erstaunt, der mittlerweile völlig entspannt mein Trio durchknuddelte und vor allem von Simbas Bollerschädel und seinem Temperament begeistert war.

Nun folgten noch interessante „Ausflüge“ in die heutige Rassehundezucht, die gesundheitlichen Problematiken bei Molossern, deren durchschnittliche Lebenserwartung, die Preise für solche Hunde…und näherten uns  so wieder dem Gesprächsbeginn: die Kangals aus der Heimat dieses Mann müssen eine schwere und körperlich sehr anstrengende Arbeit leisten, müssen die Schafe tatsächlich gegen Wölfe verteidigen und tagtäglich mit ihnen durch das Land ziehen. Körperliche Schwächen können da fatal sein… und so wird eine Auslese nach Fitness und Wehrhaftigkeit getroffen, indem man die Hunde gegeneinander kämpfen lässt. Die „Stärksten“ dürfen sich verpaaren und steigen in ihrem Wert unglaublich an… der Kaufpreis für einen kampferprobten Kangal könne durchaus bei 30 – 40 000 (!) Euro liegen…

Ich weiss ja nicht, ob letzteres nicht doch etwas übertrieben ist…und ich bin nun sicher nicht diejenige, die Hundekämpfe plötzlich für recht und billig hält… aber ich kann doch ein gewisses Verständnis für die Einstellung der traditionellen türkischen Schafhirten aufbringen und notgedrungen akzeptieren, dass dies die althergebrachte Methode ist, die Rasse „weiterzubringen“ und robuste Nachzuchten zu erhalten….selbst wenn es heutzutage durchaus möglich wäre (und sein sollte) nicht auf solche brutalen Methoden zurückzugreifen.

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